Diejenigen die meinen Blog regelmässig lesen, wissen es vielleicht schon. Mein Sohn wurde in der 1. Klasse von der öffentlichen Schule ausgeschlossen. Aufgrund dem nicht standhalten des schulischen Leistungsdrucks wurde mir erklärt. Das Verhalten meines Sohnes war nicht mehr beizukommen von Lehrern und Heilpädagogen und daher musste er von der Schule genommen werden. Unter dem Vorwand meinem Sohn etwas «Besseres» zu ermöglichen, um im Sinne meines Sohnes zu handeln.
In dem Punkt war ich ja für einmal einig mit diesen Pädagogen. Mein Sohn war an der Schule nicht glücklich, aber kaum aufgrund des schulischen Leistungsdruckes. Viel mehr aufgrund des immensen sozialen Druckes der an öffentlichen Schulen existiert. Das «dazugehören», dass Freunde finden, all das war eine viel zu grosse Aufgabe für mein Sohn, der sprachlich einige Jahre zurück war und sein Sozialverhalten auch nicht zum besten stand. Er wurde von den anderen Kindern verstossen und traf bei allen auf Unverständnis bezüglich seines Verhaltens. Sogar von Lehrern und Heilpädagogen, und ohne diesen nötigen Support, war der soziale Druck für meinen Sohn zu gross. Wie ich heute bei meiner Tochter sehe, ist dies bereits für alle neurotypischen Kinder eine grosse Hürde, für alle anderen wird es zum schulischen Leistungsdruck dazu, eine Mammutaufgabe.
Danach wurde er auf einer Sonderschule oder auch Heilpädagogischen Schule eingeschult. Kleine Klassen, wenige Kinder auf den Schulen und viele Lehrer und Assistenz auf die Anzahl Kinder. Individuelle Förderung und Ziele für die Kinder. Das ist alles super. Aber es gibt einen grossen Nachteil, der an diesem System nicht wegzudiskutieren ist.
Alle Kinder an diesen Schulen haben körperliche und geistige Beeinträchtigungen. Alle haben eine Kombination aus Verhaltensauffälligkeiten und Sprachstörungen und alle natürlich auch ein «überreiztes und strapaziertes» Nervensystem.
Damit wird Lernen für diese Kinder praktisch unmöglich.
Wie Lernen Kinder eigentlich?
- Kinder lernen durch Imitation. Sie haben an diesen Schulen aber keine Kinder von denen Sie etwas sinnvolles «abschauen» können.
- Solange diese Kinder alle auf diesem «überreizten» Nervensystemzustand sind, wird es für diese Kinder nicht möglich sein, sich selbst emotional zu regulieren. Lernen wird somit wieder verunmöglicht.
- Ständige physische Auseinandersetzungen sind, zumindest bei den männlichen Kindern, fast an der Tagesordnung. Dies selbst für Fachkräfte zu managen ist wirklich schwer. Die Tendenz mit Bestrafungen zu arbeiten ist also hoch. Es entsteht ein Teufelskreis, der nur schwer zu unterbrechen ist.
- Oftmals sind dies Tagesschulen und die Ernährung dieser Kinder ist auch dort oft fern von optimal (dazu gibt es mal einen eigenen Artikel)
Weil wir also all diese verhaltensauffälligen und beeinträchtigten Kinder in den Schulen vereinen, entsteht ein Teufelskreis, aus dem es sehr schwer wird, als Eltern zu entkommen.
Dies bestätigt dann auch wieder alle Ärzte, Pädagogen und Psychologen in ihrem Argument, wenn ein Kind einmal so beeinträchtigt ist, dann ist das eine Diagnose fürs Leben, was ja an all diesen Kindern, die genau auf dem Entwicklungsstand bleiben oder nur langsam Fortschritte machen bewiesen ist. Als Eltern gegen sogenannte «Fachpersonen» anzukommen ist ohne das nötige Wissen und Selbstvertrauen aber schwer. Und gegen das System zu kämpfen sowieso.

Die Gretchen Frage – was also dann?
Was wenn eine Art von Beschulung möglich wäre, die am Nervensystemzustand der Kinder und am körperlichen Wohl der Kinder arbeitet und erst wenn das Kind wieder körperlich und geistig fähig zum Lernen ist, wieder versucht wird diese Kinder an anderen Schulen zu integrieren?
Was wäre, wenn es neue, kinderfreundliche/kindergerechte Lösungen gäbe und keine gesellschaftlich praktischen? Wenn der Fokus auf Symptomverbesserung durch Arbeiten an der Ursache, statt auf Lernen läge und den Eltern damit wirklich unter die Arme gegriffen werden würde?
Denn das Verhaltensauffällige Kinder in unserer heutigen Gesellschaft und Schulsystem «schnell als Problem identifiziert» werden ist klar, aber es gibt ja auch noch die neurodiversen Kinder die eben nicht verhaltensauffällig sind. Die, die sich anpassen, still sind oder einfach nicht auffallen und sich zurückziehen. Diese Kinder werden oft auf andere Art und Weise an den Schulen vernachlässigt. Denn dadurch, dass sie nicht weiter auffallen, kümmert sich weder Lehrer noch Schulleitung um sie. Welchem Stress diese Kinder aber wirklich ausgesetzt sind, weiss niemand und auf Dauer verschlechtern sich Symptome auch bei diesen Kindern irgendwann.
Was wir zudem brauchen ist eine Gesellschaft, die «Anders sein» akzeptiert. Solange wir den Fokus auf das Verhalten legen, statt den Fokus darauf legen, was uns dieses Kind damit sagen will, wird es schnell schwierig.
Separation oder Integration, oder ganz was Anderes?
Ich gebe es zu, ich habe noch keine Lösung für dieses Problem gefunden. Separative und Integrative Ansätze haben sowohl Vorteile wie auch Nachteile. In der Zwischenzeit arbeite ich also an der Lösung der Ursache weiter, in der Hoffnung, dass das schulische Setup dies nicht beeinträchtigt.
Ich frage mich, ob es nicht eine ganz neue Gesellschaftliche Sicht auf Schule braucht, weg von Leistungskultur, hin zu echtem «Menschlich Sein» und «Lernen fürs Leben.»
Bis dahin geht unsere eigene schulische Odyssee weiter…. Oder ich werde irgendwann das Schulsystem für diese Kinder selbst revolutionieren…wer weiss. Zumindest bin ich heute Diskussionen mit Lehrern, Heilpädagogen und Schuldirektoren gewachsen. Heute entscheide ich (im mir möglichen Rahmen), was das Beste für mein Kind ist und nicht länger andere.
Wenn du dich auch selbst ermächtigen willst, besser für dein Kind einstehen zu können, dann lege ich dir sehr meinen Kurs «das kleine 1×1 im Umgang mit neurodiversern Kindern» ans Herz. Dort findest du das Wissen und die Werkzeuge die es dazu braucht.
Erzähle mir gerne von Deinen schulischen Hindernissen, triffst Du auf Verständnis, Unverständnis und fühlst Du und Dein Kind Dich gut aufgehoben dort, wo Ihr jetzt seid?
Alles Liebe,
Carmen