WTF….?!? Früher hätte ich mich ab so einem Spruch fürchterlich aufgeregt. Denn ich war Karrierefrau in einem Versicherungskonzern, Mutter 2 Kinder und immer auf High-Speed sozusagen….Zeit war also etwas was ich nie hatte, aber pünktlich bei all meinen Terminen war ich trotzdem immer. All das war natürlich nicht ohne jede Menge Stress möglich und das hatte seinen Preis…. Hier erzähle ich Euch warum und auch warum meine Kinder darunter genauso gelitten haben wie ich.
Ich war das erste mal nassgeschwitzt als ich um 8 Uhr im Büro war um meine täglichen Meetings zu starten. Niemand wusste, dass ich dafür erst einmal 2 Kinder (eines davon ein Autist mit ADHS) um 7 Uhr in Krippen und Horts abgegeben hatte und dann auf den Zug gerannt war um das zu schaffen. Am Abend rannte ich nach Hause um noch 2 Stunden mit meinen Kids zu «geniessen» um sie dann recht schnell ins Bett zu bringen, da dann noch ein ganzer Haushalt auf mich wartete, bis ich selbst todmüde ins Bett fiel. Zeit für mich? Fehl am Platz…..
Der morgendliche Druck es rechtzeitig auf den Zug zu schaffen um rechtzeitig im Büro zu sein, hat mir vieles abverlangt. Zum einen frühes Aufstehen von mir und den Kindern, aber es benötigte auch gute Vorausplanung und Organisation genauso wie brave und gehorsame Kinder…. Okay hier lag die Schwierigkeit. Denn je mehr ich meine Kinder antrieb sich zu beeilen umso weniger kooperativ wurden sie. Frei nach dem Motto: «Druck erzeugt Gegendruck.» Und in diesem Teufelskreis befand ich mich jeden Tag. Da half lautes reden (okay es war eher Schreien), bitten, flehen, drohen oder auch selbst Hand anlegen um die Kids anzuziehen und aus der Türe zu schleifen nicht viel.
Nichts daran war schön.
- Ich fühlte mich als miese Mutter, nach all dem Schreien und Toben
- Meine Energiereserven waren bereits morgens um 8 Uhr das erste mal leer
- Die Kinder haben meine negative Energie gemerkt und gleich selbst übernommen
- Im Büro machte sich meine miese Laune und negative Energie auch bald bemerkbar
- Mein Körper dankte es mir auch nicht, denn Magenbrennen war inklusive
Dieses Szenario wiederholte sich dann am Abend nochmals beim ins Bett gehen. Denn obwohl hier zwar nicht wirklich Zeitdruck war, war es doch wichtig genug, dass die Kids früh ins Bett sind und auch gleich eingeschlafen sind, denn sonst fehlte mir die Zeit für all die Dinge die noch zu erledigen waren (Rechnungen & Post, Wäsche, Geschirr, Arbeit vom Büro, den nächsten Urlaub planen, Online Shopping etc). Je mehr Theater es also am Abend gab, umso mehr wiederholte sich das Szenario vom Morgen……

Wie also da wieder raus kommen, fragte ich mich?
Also erst mal war Einsicht die beste Erkenntnis. Mir einzugestehen, dass diese Situation nicht gut lief und es an mir lag das zu ändern, war der erste Schritt in die richtige Richtung.
Ich fing also an, an einzelnen Parametern zu schrauben – oder anders gesagt, Stress aus dem System zu nehmen…. Und siehe da, es fing an besser zu laufen.
Ich fing an mich die folgenden Fragen zu stellen:
- Wie kann ich Stress aus dem System nehmen?
- Wie kann ich meinen Kindern mehr Freiheit zugestehen ohne dass das Endziel in Gefahr ist?
- Wie kann ich eine angenehmere Stimmung kreieren?
- Welche Energieräuber kann ich sonst noch abbauen?
- Wie kann ich meine Akkus wieder aufladen?
- Warum triggert mich diese Situation eigentlich so?
- Pünktlichkeit und Verlässlichkeit war mich wichtig.
- Ich wollte im Büro allen beweisen, dass ich es kann und drauf habe (trotz 2 Kindern).
- Ich wollte gehorsame Kinder.
- Ich wollte Zeit für mich und wusste nicht wie ich das machen sollte.
- Ich hatte ständig das Gefühl des «zu kurz» kommens…..
Die Quintessenz war also: sich Zeit zu nehmen, selbst wenn ich gefühlt keine hatte. Denn dadurch schaffte ich mir mehr innere Ruhe und damit Kooperation bei den Kids und dadurch unter dem Strich mehr Zeit. Mehr Harmonie gleich inklusive.
Sich wieder selbst zu priorisieren, sich klar zu werden, was ich wollte (denn alles was wir tun oder eben nicht, liegt einem von uns bewusst oder unbewusst getroffenen Entscheid zu Grunde) und dann danach zu handeln.
Bei mir hiess das Morgens also, auch mal den Zug verpassen zu können. Sich Meetings erst ab 9 Uhr im Büro zu planen und das eigene Ego nicht so wichtig zu nehmen. Die Kinder mit Ihrer Lieblingsmusik zu wecken und so gleich für gute Stimmung zu sorgen. Etc.
Die Lösung sieht für alle anders aus und ist individuell, wichtig ist nur, dass auch Du den Fuss mal vom Gas nimmst und anhältst für einen Boxenstopp. Danach ist die Chance auf kooperative Kids und viel mehr Freude am Muttersein, gleich inklusive.
Und noch zwei positive Nebeneffekte von einem «langsameren Alltag» kommen gleich dazu:
- Es gibt uns Zeit wirklich achtsam zu werden, anstatt wie eine Irre durch den Alltag zu hetzen. Wir werden präsent.
- Dein neurodiverses Kind (aber auch alle anderen) profitiert enorm, denn das Gehirn unserer Kinder entwickelt sich beim langsamen machen am allerbesten!!

Ich hoffe, dass Dir der Artikel gefallen hat, ich freue mich immer über Kommentare, Feedback oder Anregungen.
Viel Spass beim Umsetzen in Deinem Alltag und schön dass es Dich gibt.
Alles Liebe
Carmen